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Kolumne (Januar 2019)

Gerhard Wiesheu, DJW-Vorstandsvorsitzender

Delegationsreise nach Japan und Ausblick auf das Jahr 2019

Mi 09.01.2019, 09:47 Uhr

Zu einer Reise am 30. und 31. Oktober 2018 nach Japan durfte ich den Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Peter Altmaier, im Rahmen einer Wirtschaftsdelegation begleiten. Ehrlicherweise war ich von seinen tiefen Fachkenntnissen, seiner sympathischen Art sowie seinem Pragmatismus beeindruckt – eine Einschätzung, die, wie mir immer wieder gespiegelt wurde, auch unsere japanischen Gastgeber teilten. In der Vergangenheit kamen vergleichbare Ministerreisen oft Höflichkeitsbesuchen gleich; hingegen wurde Minister Altmaier in den Gesprächen schnell konkret und trieb die Dinge voran. 

Zwei Themen standen im Mittelpunkt: digitale Plattformen und künstliche Intelligenz. Sowohl die deutsche als auch die japanische Seite mussten dabei eingestehen, dass die USA und China einen uneinholbaren Vorsprung bei „Business to Consumer“-Plattformen wie Amazon oder Alibaba haben. Bei digitalen „Business to Business“-Plattformen“ wird jedoch noch durchaus Potenzial für Unternehmen aus beiden Ländern gesehen – aber nur unter der Voraussetzung, dass Japan und Deutschland eng kooperieren. Hier zeigt sich einmal wieder, wie wichtig das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Japan ist: Es bietet hierfür überhaupt erst den passenden regulatorischen Rahmen. Auch bei der „künstlichen Intelligenz“ attestierten sowohl die deutschen Delegierten als auch die japanischen Gastgeber noch gute Möglichkeiten für Deutschland und Japan, gegenüber den USA und China aufzuholen. Man war sich einig: Gerade im Industriesektor bestehen noch große Chancen, die Effizienz in den Produktionsprozessen durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz zu steigern. So ist eine Allianz zwischen deutschen, weiteren europäischen und japanischen Unternehmen politisch gewünscht und auch notwendig, um auch in Zukunft im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Insgesamt war es eine sehr erfolgreiche Reise, die auf dem Gerüst des Freihandelsabkommens aufbauen konnte und es dadurch mit Leben füllt. Daher bin ich zuversichtlich, dass die Kooperation zwischen Japan und Deutschland in den kommenden Jahren noch enger werden dürfte. 

Darüber hinaus möchte ich noch einen kurzen Blick auf das Jahr 2019 werfen. Schon seit 2009 wird der globale Aufschwung von den USA angeführt und dürfte voraussichtlich auch dann enden, wenn die Wirtschaft in den USA wieder in eine Rezession fällt. Trotz seiner langen Dauer bestehen gute Chancen, dass der Aufschwung in den USA noch einige Zeit anhalten könnte, da nur wenige Überhitzungstendenzen und kaum finanzielle Exzesse zu beobachten sind. Ein Risiko für den Aufschwung ist die Zinspolitik der US-Notenbank, die auf die derzeit noch guten Arbeitsmarktdaten überreagieren, die Zinsschraube überdrehen und eine inverse Renditestrukturkurve zulassen könnte. 

Trotz der beschriebenen guten fundamentalen Verfassung der US-Konjunktur dürfte sich das Wirtschaftswachstum in den USA von 2,8 % im vergangenen Jahr auf 2,2 % 2019 verlangsamen. Der Aufschwung in Europa bleibt infolge der zahlreichen hinlänglich bekannten politischen Ereignisrisiken wie Italien, Brexit etc. fragil. So haben sich die Konjunkturdaten in Italien aufgrund der Turbulenzen an den italienischen Finanzmärkten zuletzt merklich verschlechtert. Dementsprechend dürfte sich das Wirtschaftswachstum in der Eurozone von 1,9 % 2018 auf nur noch 1,3 % 2019 abschwächen. Die japanische Wirtschaft wächst solide, wobei die Zahl der schrumpfenden Arbeitskräfte immer erfolgreicher durch Roboter und künstliche Intelligenz ersetzt wird. In China hat die Regierung die notwendigen Instrumente, um das Wirtschaftswachstum im Jahresverlauf auf etwa 6 % zu stabilisieren. Eine massive Eskalation des Handelskonflikts könnte jedoch die chinesische und die globale Wirtschaft in die Rezession treiben. Die Inflation wird voraussichtlich auf globaler Ebene leicht auf 3,1 % fallen, nach 3,4 % im vergangenen Jahr. Risikofaktoren für die Inflation sind ein Ölpreisschock sowie ein plötzlich anspringendes Lohnwachstum.

Gerhard Wiesheu
Vorstandssprecher, B. Metzler seel. Sohn & Co. Holding AG
Vorstandsvorsitzender, Deutsch-Japanischer Wirtschaftskreis (DJW)
info@djw.de
http://www.djw.de
Gerhard Wiesheu
Vorstandssprecher, B. Metzler seel. Sohn & Co. Holding AG
Vorstandsvorsitzender, Deutsch-Japanischer Wirtschaftskreis (DJW)
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