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Moderner Lebensstil – Gefahr für die Wirtschaft

Prof. Dr. med. Stephan Martin, Chefarzt, Westdeutsches Diabetes- und Gesundheitszentrum (WDGZ)

Dieser Artikel erschien ursprünglich in den DJW News 3/2017.

Fr 30.06.2017, 16:23 Uhr

Der moderne Lebensstil in Form von reduzierter körperlicher Aktivität und ungesunder Ernährung hat da­zu geführt, dass weltweit das Körpergewicht deutlich angestiegen ist. Häufig wird leider Übergewicht nur als kosmetisches Problem angesehen, jedoch ist es auch Grund für eine Vielzahl an metabolischen Erkrankungen wie Diabetes Typ 2, Fettstoffwechselstörungen oder Bluthochdruck. Während vor einigen Jahren die metabolischen Erkrankungen erst im Alter auftraten – man nannte den Diabetes Typ 2 häufig auch Altersdiabetes – sind heute schon junge Erwachsene betroffen.

Dies hat zur Folge, dass neben persönlichem Leid erhebliche Kosten für das Gesundheitssystem, aber auch für die Wirtschaft entstehen. Gerade im Zeitalter des Fachkräftemangels und aufgrund des demografischen Wandels, der ein längeres Berufslebens mit sich bringt, ist bereits heute von hohen Kosten für Betriebe auszugehen.

Ningen Dock

Das Problem der metabolischen Erkrankungen ist, dass sie keine Beschwerden verursachen. Laut Zahlen der International Diabetes Federation (IDF) sind sowohl in Japan als auch in Deutschland jeweils 7 Millionen Menschen an Diabetes erkrankt – und vermutlich weiß die gleiche Anzahl von Betroffenen nichts von ihrer Erkrankung. Daher sind regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen wichtig, um diese Risikofaktoren zu erkennen und frühzeitig zu behandeln.

In Japan reagiert man auf diese Entwicklung schon lange mit dem Angebot eines sogenannten Ningen Dock, wörtlich übersetzt „Trockendock für Menschen“: So wie Schiffe regelmäßig im Hafen auf dem Trockendock überprüft und bei Bedarf repariert werden, wird auch Menschen die Möglichkeit gegeben, ihren Gesundheitszustand jährlich kontrollieren und optimieren zu lassen.

Generell sind Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, für ihre Mitarbeiter jährliche Gesundheitsvorsorgeuntersuchungen zu bezahlen. Viele Unternehmen beteiligen sich an dem freiwilligen Ningen-Dock-System, dessen Vorsorgeangebote über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen und übernehmen die Kosten der Vorsorgeuntersuchung ihrer Mitarbeiter oder beteiligen sich anteilig an ihnen. Nach einer Statistik für das Jahr 2014 boten im Durchschnitt 28,1% der Unternehmen ihren Mitarbeitern das Ningen-Dock-Programm an. Betrachtet man die Größe dieser Unternehmen, stellt man fest, dass, je größer die Unternehmen werden, desto höher die Zahl derer ist, die diese Kosten übernehmen.

Das Leistungsspektrum des Ningen-Dock-Programms ist nicht eindeutig definiert und kann variieren, bietet aber ein größeres Spektrum an Organuntersuchungen an als eine normale Gesundheitsuntersuchung. Üblicherweise gehört hierzu neben einer Erhebung der Krankheitsgeschichte auch eine körperliche Untersuchung sowie diverse Blutuntersuchungen. Im Hinblick auf eine mögliche Krebsfrüherkennung können in Japan auch eine Röntgenuntersuchung der Lunge sowie der Speiseröhre und des Magens Bestandteil der Ningen-Dock-Untersuchung sein. Häufig ist es möglich, noch am Tag der Untersuchung ein beratendes Gespräch mit dem Arzt zu führen und Ratschläge für die eigene Gesundheit zu erhalten, was so neben der Früherkennung von Krankheiten auch eine frühzeitige Behandlung ermöglicht.

GU (Gesundheitsuntersuchung) 35

In Deutschland sind ebenfalls Präventionsmaßnahmen für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems üblich, insbesondere durch das Angebot der sogenannten GU (Gesundheitsuntersuchung) 35 ab dem 36. Lebensjahr und diversen Krebsfrüherkennungsprogrammen, die jedoch im Unterschied zu Japan von den Krankenkassen finanziert werden und in der Regel keine Röntgenverfahren, sondern bei entsprechender Indikation eher endoskopische Untersuchungen beinhalten.

Diese Unterschiede im Vorsorgesystem im Hinblick auf die Kostenübernahme und die Untersuchungsangebote verunsichern viele japanische Mitbürger, die das Bedürfnis verspüren, das aus ihrem Heimatland bekannte Vorsorgeprogramm auch hier in Deutschland weiterführen zu können.

Im WDGZ, einem Teil des Verbundes Katholischer Kliniken Düsseldorf (VKKD), zu dem insgesamt sechs Krankenhäuser gehören, ist deshalb mit dem neu geschaffenen Japan Desk eine Anlaufstelle für japanische Mitbürger entstanden. Hier werden mit japanisch sprechenden Mitarbeiter/innen Vorsorgeprogramme nach internationalem Vorbild unter besonderer Berücksichtigung der japanischen Bedürfnisse durchgeführt. Dort ist es also möglich, diverse Gesundheitsuntersuchungen zeitsparend „aus einer Hand“ zu erhalten und zusätzlich durch die Anbindung an große Kliniken bei Bedarf unkompliziert eine professionelle weitere ärztliche Betreuung in Anspruch zu nehmen.

Dieses Angebot ist natürlich nicht an eine Firmenzugehörigkeit oder an einen bestimmten Versicherungsstatus gebunden, sondern steht auch Privatpersonen zur Verfügung.

Dass sich ein derartiger Aufwand auch für Arbeitgeber rentiert, zeigen Berechnungen, nach denen der Diabetes Typ 2 jedes Jahr für Düsseldorfer Unternehmen Kosten in Höhe von ca. 120 Millionen Euro verursacht. Wer seine Mitarbeiter und ihre Gesundheit als wichtigste Ressource wertschätzt und frühzeitig in angemessene Prävention investiert, sollte langfristig nicht nur auf der menschlichen, sondern auch auf der wirtschaftlichen Ebene davon profitieren.

© DarkoStojanovic / pixabay.com © DarkoStojanovic / pixabay.com
Prof. Dr. med. Stephan Martin 
Chefarzt
Westdeutsches Diabetes- und Gesundheitszentrum (WDGZ)
stephan.martin@vkkd-kliniken.de
www.vkkd-kliniken.de/standorte/wdgz-westdeutsches-diabetes-und-gesundheitszentrum/
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