Interview mit unserem Vorstandsmitglied Wilhelm Meemken
Neuigkeiten aus dem DJW Vorstand
Unser Vereinsziel, den wirtschaftlichen Austausch zwischen Deutschland und Japan weiter zu vertiefen und auf vielfältigen Ebenen zu stärken, erreichen wir gemeinsam mit dem Engagement und der Impulsgebung unserer Mitglieder und des gewählten Vorstands. Als Wirtschaftskreis bündeln wir einen großen Erfahrungsschatz, umfassende Expertise, und bilden ein stabiles Netzwerk an Kontakten in Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und Wissenschaft.
Mit unserer Interview-Reihe „DJW Insights“ stellen wir unser Team, unsere Special Advisor und unsere Vorstandsmitglieder vor. Was bewegte unsere Vorstandsmitglieder initial, im deutsch-japanischen Kontext aktiv zu werden? Warum engagieren sie sich in und mit unserem Wirtschaftskreis? Welche Ideen möchten Sie in naher Zukunft realisieren?
Das dritte Interview haben wir mit unserem Vorstandsmitglied Wilhelm Meemken durchgeführt. Er ist Gründungsmitglied und Geschäftsführer der ECOS Consult. Seit 2002 ist ECOS als Mitglied in unserem Verein aktiv.
Sie haben über 30 Jahre Erfahrung in der Förderung der deutsch-japanischen Wirtschaftskooperation und sind seit 2007 bei unserem Wirtschaftskreis als Vorstandsmitglied tätig. Wie sind Sie erstmals mit Japan in Berührung gekommen?
Das war 1983/84 zu einem halbjährigen Forschungsaufenthalt zum Thema Schaffung neuer Arbeitsplätze in Regionen, die mit dem Strukturwandel durch den Niedergang der Stahl und an Schwerindustrie zu kämpfen haben. Hieraus hat sich dann die erste deutsch-japanische regionale Wirtschaftskooperation mit der Präfektur Nagasaki und dem Ruhrgebiet ergeben. Zielgruppe war für uns dabei nicht die Schwerindustrie selbst, sondern die große Zahl der indirekt betroffenen mittelständischen Unternehmen der Zulieferindustrie. Ein sehr spannendes Projekt mit mehreren gegenseitigen Delegationsbesuchen und Business Matchings zwischen Unternehmen aus der Präfektur Nagasaki und dem Ruhrgebiet.
Diese regionale Wirtschaftskooperation war übrigens anschließend Vorbild für ein Förderprogramm der JETRO, das sich „Region to Region“ nannte.
Was fasziniert Sie an Japan am meisten?
Da gibt es einige Dinge. Es beginnt schon mit der Ankunft auf dem Flughafen. Selbst wenn großer Andrang bei der Passkontrolle herrscht, hat man das Gefühl es ist alles gut organisiert und man ist willkommen. Das weitere ist die Zuverlässigkeit: wenn etwas vereinbart wird, dann kann man darauf vertrauen, dass es auch eingehalten wird. Allerdings muss man sich das Vertrauen erst mal erarbeiten.
Und nicht zu vergessen das wunderbare Essen und die Willkommens-Atmosphäre in den Restaurants.
1985 waren Sie 6 Monate lang für einen Forschungsaufenthalt in Japan. Wie war Ihr erster Eindruck dort? Und hat sich Ihr Eindruck im Laufe der Zeit verändert?
Zuerst war ich überwältigt von der Andersartigkeit von vielen Dingen in Japan. Ich hatte nicht mal Visitenkarten dabei, zu der Zeit waren sie in Deutschland noch nicht so gang und gäbe. Bei aller Freundlichkeit habe ich aber auch eine Reserviertheit gegenüber Fremden gespürt. Ich habe gelernt, dass Japaner ein sehr hohes Vertrauensbedürfnis haben, dass man sich erst erarbeiten muss. Hier bedarf es auch Geduld. Glücklicherweise hatte ich über meine Frau Yuriko Zugang zu Freunden, die mir hier sehr geholfen haben
Mal etwas Persönliches: Was aus Deutschland haben Sie während Ihres Aufenthaltes in Japan vermisst? Und was aus Japan hätten Sie gerne in Deutschland?
Eigentlich nicht viel. Vielleicht das deutsche Frühstück nach einer gewissen Zeit, das japanische ist für uns doch etwas ungewohnt. Manchmal hätte ich es mir auch etwas unkomplizierter in Geschäftsgesprächen gewünscht, in Japan ist man nicht so flexibel wie wir es bei uns gewohnt sind. Wenn man es aber einmal versteht, lernt man damit umzugehen und es hat auch seine Vorteile.
Als eine Austauschplattform für deutsche Führungspersönlichkeiten in japanischen Unternehmen hat sich die DJW „Executive Lounge“ etabliert. Wie ist die Idee entstanden?
Die Idee ist auf der DJW Mitgliederversammlung im Mai 2019 in Nürnberg entstanden. Gemeinsam mit Manfred Stern, damals CEO von Yaskawa Europe, haben wir die DJW Executive Lounge entwickelt. Die Idee war, ein besonderes Format zu entwickeln, das es in dieser Form bisher noch nicht gegeben hat und das es deutschen CEOs in japanischen Firmen in Deutschland ermöglicht, sich in einer vertraulichen Atmosphäre offen austauschen zu können.
Und wie hat sich die Plattform mittlerweile entwickelt?
Das Format ist sehr gut angenommen worden und hat unsere Erwartungen bisher übertroffen. Wir treffen uns zweimal im Jahr und haben eine regelmäßige wiederkehrende Teilnahme der Mitglieder, die uns immer wieder bestätigt haben, wie sehr sie dieses Format schätzen. Insbesondere der Aspekt des gegenseitigen Erfahrungsaustausches in vertraulicher Atmosphäre spielt eine wichtige Rolle. Hinzu kommt, dass wir weiterhin einen Zuwachs an Teilnehmern zu verzeichnen haben.
Welche Themen werden in Ihren Augen die bilateralen Beziehungen in Zukunft prägen?
Geopolitisch leben wir in einer Zeitenwende. Autokratien in China und Russland versuchen, und das sogar mit Erfolg, die Weltordnung in ihrem Sinne zu verändern. Das ist an sich nichts schlimmes, Veränderung ist Teil unseres Seins und etwas für ewig erhalten zu können, ist eine Illusion. Um aber auch unsere Interessen in diesem Prozess einzubringen ist eine Zusammenarbeit mit Japan von beiderseitigem Interesse. Unsere beiden Wirtschaften sind eng verflochten mit der Chinas. Dies führt zu Abhängigkeiten und wirtschaftlichem Risiko. Würden Japan und Deutschland hier gemeinsam verhandeln, hätten wir eine größere Verhandlungsmasse.
Wo liegen nach Ihren Einschätzungen weitere Potenziale für die Stärkung der deutsch-japanischen Beziehungen?
Japan ist nach China die führende Wirtschaftsmacht in Asien. Um die Abhängigkeiten vom chinesischen Markt zu reduzieren, würde es sich anbieten über Drittland-Kooperationen für Deutschland in Asien und für Japan in Europa nachzudenken.
Weitere Potenziale liegen insbesondere bei den großen Herausforderungen im Hinblick auf den Klimawandel und des ungebremsten Ressourcenverbrauchs unserer Erde. Hier könnten Deutschland und Japan vorangehen, sowohl von der Wirtschaftskraft wie der technologischen Innovation haben sie hier Möglichkeiten, welche die meisten anderen Länder nicht besitzen. In diesem Zusammenhang ist die Umstellung unseres ökonomischen Systems von der Wachstumsorientierung auf ein Kreislaufsystem wie der Kreislaufwirtschaft wichtig und würde auch für beide Länder die Wirtschaft zukunftsfähig machen.
Und zu guter Letzt: Ihre Message an unsere DJW Mitglieder
Nutzen Sie die Potenziale, die der DJW für seine Mitglieder und auch darüber hinaus bereithält. Lassen Sie sich darauf ein etwas Neues zu entdecken und auch auszuprobieren in ihrer Beziehung zu Japan. Sie werden immer wieder Überraschungen erleben, die weit über den rein beruflichen oder wirtschaftlichen Aspekt hinausgehen.
Zum Schluss eine Anmerkung von meiner Seite: Japan war 2008 das erste Mal Partnerland auf der Hannover Messe. Ich sehe immer noch das Bild von Premierminister Abe und Kanzlerin Merkel beim Ribbon-cutting zur Messeeröffnung vor mir. Ich denke es würde gut in die Zeit passen Japan erneut als Partnerland zu gewinnen, um den Dialog zu den oben beschriebenen Themen weiter zu vertiefen.
Wir danken Herrn Meemken für das Gespräch und schriftliche Interview, das er im Juni 2024 mit uns führte.
Weitere Insights
- Dr. Ruprecht Vondran: "Unsere Aufgabe: Die Junge Generation für die deutsch-japanische Partnerschaft gewinnen"
- Dr. Volker Stanzel: "Die Zeitenwende gibt es auch in Japan - So werden wir uns auch politisch noch näher kommen"
- Wilhelm Meemken: "Zuerst war ich überwältigt von der Andersartigkeit von vielen Dingen in Japan"