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Kolumne (September 2022)

Gerhard Wiesheu, DJW-Vorstandsvorsitzender

Wirtschaftswachstum und Klimaschutz: Passt das zusammen?

Do 15.09.2022, 15:00 Uhr

Die Notwendigkeit der Intensivierung der weltweiten Anstrengungen für einen effektiven Klimaschutz ist der breiten Öffentlichkeit bekannt – auch der europäische Dürre-Sommer verdeutlicht das. Dennoch scheint immer noch der Eindruck zu dominieren, dass Klimaschutz und Wirtschaftswachstum aufgrund der vermeintlich hohen Kosten im Widerspruch zueinanderstehen.

Studien zeigen jedoch schon seit längerem, dass diese Betrachtung unzureichend ist und darüber hinaus zukünftige Entwicklungen außer Acht lässt. Nach Berechnungen des World Economic Forums droht der Weltwirtschaft bis 2050 ein Rückgang der globalen Wirtschaftsleistung um bis zu 18 Prozent (mittleres Szenario: 10 Prozent), sollten die Pariser Klimaziele verfehlt werden und sich die Erderwärmung auf dem aktuellen Niveau fortsetzen (Erderwärmung bis 2050: 3,2 Grad Celsius).

Bestandteil des Problems ist, dass seit der Industriellen Revolution Wirtschaftswachstum und steigende Treibhausgasemissionen Hand in Hand gehen. Aus diesem Grund gibt es mittelweile in zahlreichen Ländern politische Kampagnen (Green Deals), die sich die Entkopplung der Wirtschaftskraft von umweltschädlichen Emissionen zum Ziel setzen. Und die klimafreundlicheren Programme zeigen Wirkung: Seit 2005 ist weltweit in über 30 Ländern ein positives Wirtschaftswachstum bei gleichzeitig abnehmenden Treibhausgasemissionen zu beobachten – darunter auch bei Industrienationen wie den USA, Großbritannien, Deutschland und Japan.

Die Entwicklung der Umwelt darf nicht ignoriert werden

Doch schadstoffreiche Emissionen sind nicht der alleinige Gradmesser des Klimaschutzes. Die wichtigste Kennzahl, das BIP, erfasst die bloße Output-Leistung der Wirtschaft. Ignoriert wird dagegen die (Wert-)Entwicklung unserer natürlichen Umwelt. Doch natürliche Ressourcen sind ein zentraler Bestandteil der gesamten Wertschöpfung, ihre (unumkehrbare) Abnutzung stellt dementsprechend faktisch eine Schwächung der Weltwirtschaft dar. Ohne eine philosophische Debatte über den Wert der Umwelt zu führen, sollte es uns mit geeigneten Modellen gelingen, solche Entwicklungen zahlentechnisch zu berücksichtigen. Denn mit einem geeigneten Klimaschutz werden nicht nur Ressourcen geschützt, sondern auch zukünftige Kosten gesenkt, die durch die Folgen des Klimawandels entstehen könnten. Die OECD hat bereits 2017 geschätzt, dass eine geeignete Klima- und Wirtschaftspolitik der G20-Staaten die Wirtschaftskraft dieser Staaten um durchschnittlich 2,8 Prozent bis 2050 erhöhen könnte.

Berücksichtigt man die wirtschaftlichen Vorteile, die sich aus der Vermeidung von Katastrophen wie Dürren, Waldbränden, Überschwemmungen oder Sturmschäden ergeben, würde der Nettoanstieg des weltweiten BIP bis 2050 fast 5 Prozent betragen. Die Hervorhebung solcher Zahlen, neben rein leistungsbasierten Indikatoren, könnte ein realistischeres Bild der Wirtschaft zeichnen – und nebenbei das Konfliktpotenzial zwischen Wachstum und Klimaschutz verringern. Denn bereits heute ist sicher: Ohne Klimaschutz wird Wirtschaftswachstum in Zukunft nicht möglich sein.

Gerhard Wiesheu
Vorstandssprecher, B. Metzler seel. Sohn & Co. AG
DJW-Vorstandsvorsitzender
info@djw.de
http://www.djw.de
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