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Kolumne (Mai 2025)

Gerhard Wiesheu, DJW Vorstandsvorsitzender

Europa und Japan: Verlässlichkeit als strategischer Wert

Mi 14.05.2025, 14:30 Uhr

Die Weltwirtschaft befindet sich im Umbruch. Globale Handelsströme, die über Jahrzehnte von Effizienz, Kostenvorteilen und offenen Märkten geprägt waren, werden zunehmend von geopolitischen Realitäten und handelspolitischen Barrieren wie Zöllen überlagert. Friendshoring, Resilienz und strategische Partnerschaften bestimmen heute die Agenda. In diesem Kontext rückt eine Beziehung in den Fokus, deren strategische Relevanz in Europa zunehmend steigt: die zu Japan.

Europa hat sich in den vergangenen Jahren wirtschaftlich und politisch stärker an seine westlichen Partner gebunden. Der Handel mit den USA ist seit 2020 deutlich gewachsen, ebenso die bilateralen Direktinvestitionen. Parallel dazu verfolgt Europa eine gezielte Diversifikation gegenüber geopolitisch herausfordernden Partnern. Vor diesem Hintergrund gewinnt Japan für Europa – und insbesondere für Deutschland – eine neue strategische wie partnerschaftliche Bedeutung.

Japan steht nicht nur für wirtschaftliche Stärke, technologischen Fortschritt und Innovationskraft, sondern auch für Stabilität, Rechtsstaatlichkeit und regelbasierte internationale Zusammenarbeit. In einer Welt multipolarer Machtverschiebungen ist das keine Selbstverständlichkeit. Die Rolle Japans als verlässlicher Partner Europas wird durch Zahlen untermauert: Laut Deloitte wird der europäische Export nach Japan bis 2035 mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von über vier Prozent steigen – ein bemerkenswerter Wert im internationalen Vergleich.

Klare politische Entscheidungen für die EU-Japan-Beziehungen

Diese Entwicklung ist kein Zufall, sondern das Ergebnis klarer politischer Entscheidungen auf beiden Seiten. Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Japan (JEFTA) ist Ausdruck eines gemeinsamen Verständnisses von offenen Märkten und fairem Wettbewerb. Es zeigt: Auch in Zeiten wachsender geopolitischer Fragmentierung ist wirtschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe möglich.

Für europäische Unternehmen – insbesondere mittelständische Familienunternehmen – eröffnet sich dadurch eine klare strategische Perspektive: Japan bietet nicht nur Zugang zu einem hochentwickelten Markt, sondern auch eine Plattform für technologische Kooperation, Investitionen in Zukunftsfelder und den Aufbau resilienter Lieferketten.

Europa tut gut daran, diese Partnerschaft weiter zu vertiefen – nicht als Abgrenzung gegenüber anderen Weltregionen, sondern als eigenständige Achse innerhalb eines Netzwerks langfristiger, verlässlicher Wirtschaftsbeziehungen.

Gerhard Wiesheu
Vorstandssprecher, B. Metzler seel. Sohn & Co. AG
DJW-Vorstandsvorsitzender
info@djw.de
http://www.djw.de
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