Gerhard Wiesheu, DJW Vorstandsvorsitzender
Bundespräsident Steinmeier in Japan: Werte, Wandel, Wachstum
Japan und Deutschland sind geographisch weit voneinander entfernt – und sich in vielem dennoch sehr nah. Beide Länder sind Demokratien, mit einem tief verankerten Bekenntnis zu Rechtsstaatlichkeit, Freiheit und offener Gesellschaft. Beide sind technologisch führend und sehen sich angesichts geopolitischer Spannungen, demografischer Veränderungen und der grünen wie digitalen Transformation mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert.
Diese gemeinsame Wertebasis war in vielen Gesprächen während der Delegationsreise von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Japan spürbar. Bundespräsident Steinmeier bereiste Japan während seiner Amtszeit mehrfach – als Ausdruck der tiefen Verbundenheit, die er für das Land verspürt. Es war mir eine große Ehre, erneut Teil seiner Wirtschaftsdelegation zu sein. Die Reise hat eindrucksvoll gezeigt, wie viel Potenzial in der deutsch-japanischen Partnerschaft steckt – weit über wirtschaftliche Fragen hinaus.
Innovation als verbindendes Element
Ein zentrales Thema unserer Reise war der Austausch über Innovation: in der Künstlichen Intelligenz, bei Zukunftstechnologien in der Mobilität, der Raumfahrt und in der Telekommunikation. Besonders inspirierend war der Besuch des Institute of Science Tokyo, wo Forschung, Praxis und Zukunftsvisionen auf beeindruckende Weise zusammenfließen. Innovation, das wurde deutlich, ist für beide Länder kein Selbstzweck – sondern eng verbunden mit gesellschaftlicher Verantwortung.
Das zeigte sich auch auf der Expo 2025 in Osaka, deren deutschen Nationentag wir eröffnen durften. Dort wird die Zukunft greifbar, in Form nachhaltiger Architektur, intelligenter Energienetze und interdisziplinärer Zusammenarbeit. Dass Deutschland und Japan hier Hand in Hand agieren, sendet ein starkes Signal: Innovation und Nachhaltigkeit gehören zusammen – und gelingen nur im Schulterschluss.
Wirtschaftlicher Austausch auf Augenhöhe
Neben dem technologischen Dialog standen zentrale wirtschaftspolitische Themen auf der Agenda: Bei einem Roundtable mit der AHK Japan und deutschen Unternehmen diskutierten wir Rahmenbedingungen für Investitionen, den Aufbau resilienter Lieferketten, die strategische Bedeutung der Halbleiterindustrie sowie die Fachkräftefrage. Themen, die beide Länder gleichermaßen beschäftigen.
Ein weiterer Höhepunkt war der Austausch mit Keidanren, dem führenden japanischen Industrieverband, unter der Leitung von BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner. Hier wurde deutlich: Deutschland und Japan stehen nicht nur vor ähnlichen wirtschaftlichen Herausforderungen – sie sind auch bereit, diese gemeinsam anzugehen.
Diplomatie und Sicherheit: Neue Räume der Zusammenarbeit
Unsere Reise machte auch klar, dass wirtschaftliche Kooperation nicht losgelöst von sicherheitspolitischen Überlegungen betrachtet werden kann. In Tokio führten wir Gespräche mit Japans Premierminister Shigeru Ishiba, in denen nicht nur der Ukraine-Krieg und die Lage im Indopazifik thematisiert wurden – sondern auch die Frage, wie Demokratien im 21. Jahrhundert ihre wirtschaftliche Souveränität sichern können, ohne sich abzuschotten. Gerade in Zeiten wachsender Systemrivalitäten sind verlässliche Wertepartnerschaften von unschätzbarem Wert. Japan ist für Deutschland dabei ein Schlüsselpartner im asiatisch-pazifischen Raum.
Ein persönliches Fazit
Mich persönlich hat die Reise tief beeindruckt. Sie hat gezeigt, wie wichtig Dialog ist – und dass der persönliche Austausch durch nichts zu ersetzen ist. Offenheit, gegenseitiges Interesse, Gastfreundschaft: All das prägte unsere Gespräche in Japan.
Die deutsch-japanische Zusammenarbeit bietet enormes Potenzial – sei es in der Forschung, bei Investitionen oder in der gemeinsamen Gestaltung globaler Zukunftsfragen. Diese Partnerschaft ist kein Selbstläufer. Aber sie hat alles, was es braucht, um in unruhigen Zeiten Orientierung zu geben: gemeinsame Werte, gegenseitigen Respekt und den festen Willen, Zukunft zu gestalten.
