Kolumne (Juli 2023)

Nach drei Jahrzehnten Stagnation kommt Bewegung in die japanische Wirtschaft. Im Mai stieg die binnenwirtschaftlich erzeugte Kerninflation auf 4,3 Prozent – ein Wert, der deutlich über dem Inflationsziel der Bank of Japan von 2,0 Prozent liegt. Bisher geht die Bank of Japan davon aus, dass es sich nur um einen temporären Inflationsschub handelt. Für eine dauerhaft höhere Inflation ist eine Beschleunigung des Lohnwachstums notwendig – und das ist aktuell der Fall. Im Januar 2021 sanken die volatilitätsbereinigten Löhne noch um etwa 1,3 Prozent zum Vorjahr; im April 2023 stiegen sie dagegen um 1,6 Prozent. Damit sich aber die Inflation bei etwa 2,0 Prozent etabliert, ist ein weiterer Anstieg der Lohndynamik auf etwa 3,0 Prozent notwendig. Erst dann würde die Bank of Japan unter Druck geraten, die Geldpolitik restriktiver gestalten zu müssen.

Zuletzt waren die Konjunkturdaten gut, die Einkaufsmanagerindizes verbesserten sich sogar merklich, sodass der Arbeitsmarkt stark bleiben dürfte und noch Potenzial für ein höheres Lohnwachstum besteht.

Parallelen zwischen Japan und Deutschland

Nach einer langen Phase stetiger Strukturreformen – die schon seit dem Amtsantritt Shinzo Abes im Januar 2013 begann – und Restrukturierungen auf Unternehmensebene tritt Japan nun in eine neue Wachstumsphase ein. Das Wirtschaftsumfeld in Japan scheint sich grundlegend zu verändern, ablesbar unter anderem auch am sehr starken Wirtschaftswachstum im ersten Quartal. Das nominale Bruttoinlandsprodukt verzeichnete eine Wachstumsrate von 3,9 Prozent zum Vorjahresquartal.

Ein gutes Beispiel für eine solche Wachstumsphase, die sogar mehr als eine Dekade anhalten kann, ist Deutschland: Nach umfassenden Reformen und Restrukturierungen in den 2000er-Jahren brach 2009 die Dekade des Wachstums an. Natürlich gibt es auch innerhalb einer solchen Phase konjunkturelle Schwankungen. Insofern könnten sich die derzeitigen Abschwungstendenzen in den USA und in Europa auch auf Japan auswirken. 

Was passiert am Aktienmarkt?

Wirtschaftlicher Aufschwung belebt auch den Aktienmarkt: Warren Buffett sagte in einem Interview mit der japanischen Wirtschaftszeitung Nikkei, dass er beabsichtige, seine Investitionen in japanische Aktien zu erhöhen, und dass er „sehr stolz“ auf seine Beteiligungen an den führenden Handelskonzernen des Landes sei.