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Kolumne (Januar 2021)

Gerhard Wiesheu, DJW-Vorstandsvorsitzender

Implikationen der US-Präsidentschaftswahl für Japan und Deutschland

Do 14.01.2021, 19:26 Uhr

Die Wahl Joe Bidens zum US-Präsidenten sorgte zweifellos für große Erleichterung in Japan und Deutschland. Joe Biden kündigte im Wahlkampf an, dass er wieder enger mit den traditionellen Verbündeten zusammenarbeiten will. Die Gefahr eines größeren Handelskriegs zwischen den USA und der Europäischen Union ist somit unter dem neuen US-Präsidenten merklich zurückgegangen. Auch bestehen nur noch geringe Risiken für handelspolitische Konflikte zwischen Japan und den USA. Die USA sind ein wichtiger Exportmarkt für Deutschland mit einem Volumen 2019 von 134 Mrd. USD (9 % aller Exporte) und für Japan mit einem Volumen von 140 Mrd. USD im selben Jahr (20 % aller Exporte).

Unter Joe Biden dürfte die US-Handelspolitik darüber hinaus wieder berechenbarer werden, wodurch auch die Planungsunsicherheit bei den Unternehmen nachlassen dürfte. Somit stehen die Chancen gut, dass die Unternehmensinvestitionen in Deutschland und Japan wieder anziehen werden. Gleichwohl ist festzustellen, dass sich das Handelsbilanzdefizit der USA in den vergangenen Monaten wieder merklich verschlechterte und sich die globalen Handelsungleichgewichte damit wieder vergrößerten. Damit können die USA nicht zufrieden sein, was Risiken für Japan und die EU birgt – umso mehr, als in vier Jahren ein erneuter Regierungswechsel anstehen könnte. Die EU und Japan sollten daher jeweils versuchen, die USA mit einem Freihandelsabkommen längerfristig an sich zu binden. Der Preis dafür werden sicherlich deutliche handelspolitische Zugeständnisse sein.

Ein weiterer Aspekt der bestehenden Handelsungleichgewichte ist, dass die USA den Handelskonflikt mit China intensivieren dürften. Dazu werden sie zwangsläufig auch die EU und Japan einspannen und damit in ein Dilemma stürzen. Deutschland exportierte 2019 Güter im Wert von 107 Mrd. USD nach China (7 % aller Exporte) und Japan Güter in Höhe von 135 Mrd. USD (19 % aller Exporte). Japan und Deutschland drohen somit zwischen die Stühle zu geraten, da beide Exportmärkte für sie in etwa das gleiche große Gewicht haben. Für Japan und Deutschland dürfte somit das Management des Konflikts zwischen den USA und China zu einer großen Herausforderung avancieren. Dabei muss das gemeinsame Ziel beider Länder sein, einerseits den multilateralen Rahmen des Welthandels zu reformieren und andererseits einen Mechanismus zu finden, der in Zukunft größere Handelsungleichgewichte zwischen den großen Wirtschaftsblöcken verhindert. Denn die jüngste Vergangenheit hat wieder einmal deutlich gezeigt, dass größere Handelsungleichgewichte sehr gefährlich sind, da sie zu Finanzmarktkrisen und zu politischen Konflikten beitragen können.

Von den wirtschaftlichen Herausforderungen abgesehen werden Japan und Deutschland – wie viele andere Länder auch – in diesem Jahr vor der großen Aufgabe stehen, die Coronapandemie in den Griff zu bekommen. Dank der unerwartet schnell verfügbaren Impfstoffe bin ich zuversichtlich, dass dies im Laufe von 2021 gelingen kann, und wünsche Ihnen allen ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr.

Gerhard Wiesheu
Vorstandssprecher, B. Metzler seel. Sohn & Co. Holding AG 
DJW-Vorstandsvorsitzender
info@djw.de
http://www.djw.de
Gerhard Wiesheu
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