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JAL – "Zweifellos können unsere Erfahrungen aus der Vergangenheit uns helfen, die Corona-Katastrophe zu überwinden."

Interview aus der J-BIG-August-Ausgabe von Björn Eichstädt und Camilla-Shiori Oura-Müller

Artikel unseres Fördermitglieds Storymaker GmbH

Mo 04.10.2021, 11:37 Uhr

Mehr als anderthalb Jahre sind vergangen, seit das Coronavirus die Luftverkehrsbranche weltweit schwer getroffen hat. Die Fluglinie Japan Airlines (JAL), bekannt für ihr Kranich-Logo, hatte seit der Gründung auch abseits der Pandemie immer wieder mit allerlei Schwierigkeiten zu kämpfen. Wir haben mit Hirokazu Jo, General Manager der JAL-Niederlassung Frankfurt und zuständig für Deutschland, die Niederlande und Osteuropa, darüber gesprochen, welche Lehren aus der Geschichte JAL in der aktuellen Krise einsetzt – und wie die Zukunft nach Corona aussehen soll.

J-BIG: Herr Jo, bitte erzählen Sie uns zunächst etwas über die Geschichte Ihres Unternehmens.

Hirokazu Jo: Die Firma wurde vor 70 Jahren gegründet, also 1951. In Japan und Deutschland, den besiegten Ländern des Zweiten Weltkriegs, wurden die Entwicklung, die Herstellung und der Betrieb von Flugzeugen von den Alliierten sechs Jahre lang verboten. Mit dem Ende dieser “ Leerlaufperiode“ wurde Japan Airlines als erste kommerzielle Fluggesellschaft im Nachkriegsjapan gegründet. Im Jahr 1953 wurde der Japan Airlines Act erlassen, und unter der Leitung der Regierung entstand eine neue Gesellschaft, die internationale Flüge durchführen konnte. Der erste internationale Flug war eine Strecke zwischen Tokyo und San Francisco über Honolulu, Hawaii, die heute bei Japanern sehr beliebt ist. Etwa zur gleichen Zeit, im Jahr 1952, wurde auch All Nippon Airways gegründet. ANAs Mission war es, die internationale Mobilität der Menschen zu fördern und zur Wiederbelebung der japanischen Wirtschaft beizutragen. Infolge des hohen Wirtschaftswachstums und der steigenden Nachfrage nach Flugreisen im Rahmen der Olympischen Spiele 1964 in Tokyo nahm die Unternehmensleistung und die Zahl der internationalen Flüge stetig zu. Infolgedessen stand unser Unternehmen fünf Jahre lang, von 1983 bis 1987, weltweit an erster Stelle, was die Zahl der Passagiere und das Frachtgewicht bei internationalen Linienflügen angeht.

Doch am 12. August 1985 stürzte Flug 123 in den Bergrücken von Osutaka. Viele Menschen verloren ihr Leben, darunter auch zwei Deutsche. Diese Tragödie war der Ausgangspunkt für unseren heutigen sicheren Flugbetrieb, und unsere Mitarbeiter werden sie nie vergessen. Zusätzlich zu den vom Flugzeughersteller ergriffenen Hardware-Maßnahmen haben auch wir unser eigenes Sicherheitssystem ausgebaut. So haben wir etwa unser Wartungsprogramm verstärkt und einen Ausschuss zur Förderung der Flugsicherheit eingerichtet.

In der Folgezeit ging die Passagiernachfrage zeitweise weiter zurück – zunächst infolge des Golfkriegs 1991, dann wegen der Terroranschläge auf die Vereinigten Staaten 2001, der SARS-Epidemie und des Irakkriegs 2003 und des Lehman-Schocks 2008. Darüber hinaus wurde die gesamte Luftfahrtbranche durch den rasanten Anstieg der Rohölpreise stark beeinträchtigt. Außerdem wurde das Wettbewerbsumfeld durch neue Konkurrenten in den späten 1980er Jahren allmählich schwieriger. Unsere Aufgabe war es, zur wirtschaftlichen Entwicklung Japans beizutragen, indem wir Menschen und Fracht in alle Teile der Welt beförderten, aber um ehrlich zu sein war die Rentabilität einiger unserer Strecken fraglich. Die Passagierflüge in den Nahen Osten beispielsweise waren fast nie ausgebucht. Aufgrund dieser unwirtschaftlichen Strecken, einer Flugzeugflotte mit über 110 Maschinen, die vorwiegend aus Jumbo-Flugzeugen bestand, und einem überhöhten Personalbestand wurden die Gewinne nach und nach geschmälert. Die Fluggesellschaft führte zwar strukturelle Reformen durch – darunter Streckenreduzierungen, Flottenverkleinerungen und Produktivitätssteigerungen – ging aber dennoch im Januar 2010 in Konkurs.

J-BIG: Welche Reformen wurden nach dem Konkurs bei JAL umgesetzt?

Hirokazu Jo: Zunächst einmal bin ich sehr dankbar, dass wir uns dank einer 100-prozentigen Kapitalreduzierung, eines umfangreichen Schuldenerlasses, der Investitionen öffentlicher Einrichtungen und des Verständnisses und der Unterstützung aller in der Gesellschaft wieder aufzubauen konnten. Konkret wurden unrentable Strecken überprüft, internationale Flüge um etwa 40 Prozent und Inlandsflüge um etwa 30 Prozent reduziert, und die Zahl der Flugzeuge wurde um 30 Prozent verringert, was zu einer drastischen Verkleinerung des Unternehmens und einem Abbau von 1.600 Mitarbeitern führte. Auf der anderen Seite wurde Kazuo Inamori, der Gründer von Kyocera, zum Vorsitzenden des Unternehmens ernannt. Inamori führte die „JAL-Philosophie“ und das „Amoeba-Management“ ein und brachte die Mitarbeiter dazu, eigene Wege zur Verbesserung des Umsatzes und zur Senkung der Kosten zu finden und damit die Denkweise jedes Einzelnen zu ändern. Das  Unternehmen erholte sich rasch, und im September 2012, nur zwei Jahre und acht Monate später, konnte das Unternehmen wieder an der Tokioter Börse aufgenommen werden.

Die JAL-Philosophie ist ein Handlungsleitfaden, der aus 40 Punkten in zwei Teilen und neun Kapiteln besteht, und alle Mitarbeiter haben eine Broschüre in Notizbuchgröße. Sie ist ähnliches eines Moralkodex, den Eltern ihren Kindern beibringen. Die Mitarbeiter durchlaufen mehrmals im Jahr eine spezielle Schulung, die „Philosophy Education“ genannt wird, damit sie den Handlungsleitfaden nicht nur verstehen, sondern auch täglich praktizieren können. Führungskräfte haben die Möglichkeit, die Managementphilosophie in monatlichen Leader Study Sessions kennen zu lernen. Darüber hinaus hat jeder Standort seine eigenen Initiativen, und es werden unternehmensweit unabhängige Workshops abgehalten. Ich habe viel aus dem Abschnitt über die „Steigerung des Bewusstseins für Rentabilität“ und aus dem Abschnitt über den individuellen Willen, das positive Denken und die Teamarbeit gelernt, die im Management wichtig sind. Ich versuche immer, nicht nur die Kosten im Auge zu behalten, sondern auch die Notwendigkeit, neue Werte und Gewinne zu schaffen. Ich habe Herrn Inamori in der Vergangenheit schon mehrmals getroffen. Er ist ein strenger Mensch, aber er treibt die Leute dazu an, sich Herausforderungen zu stellen.

In Japan diskutierten die Teilnehmer die JAL-Philosophie nach einer Studiensitzung bei einer Dose Bier. Vor dem Konkurs hatten die Mitarbeiter in den einzelnen Abteilungen, wie Flugbegleiter, Mechaniker, Piloten und Verkaufspersonal, ein starkes Gefühl der vertikalen Trennung, und es herrschte eine Distanz zwischen Führungskräften und Mitarbeitern, aber auch das hat sich mit der Umstrukturierung drastisch geändert. Aber nicht nur das, sondern auch die Denkweise jedes Einzelnen von uns wurde aufgefrischt. Und obwohl das für jedes private Unternehmen ganz natürlich ist, wurde uns bewusst, dass uns niemand mehr helfen würde und dass wir bereit sein mussten, die Dinge aus eigener Kraft zu bewältigen.

J-BIG: Beschreiben Sie bitte Ihren Werdegang bei JAL.

Hirokazu Jo: Ich kam 1988 zu JAL und arbeitete viele Jahre in der Verwaltung, zum Beispiel im Bereich „allgemeine Angelegenheiten“ und Personalwesen. Danach war ich in der Abteilung für Sicherheitsförderung für die Luftsicherheit zuständig, bevor ich nach Deutschland versetzt wurde. Während meiner Amtszeit gab es 2016 eine Reihe von terroristischen Vorfällen am Brüsseler Flughafen und auch an anderen Orten, und die Olympischen Spiele und Paralympics in Tokyo standen vor der Tür. Im Mittelpunkt meiner Arbeit stand daher die Stärkung des Sicherheitssystems innerhalb des Unternehmens. Ich wurde zwar im Mai 2019 nach Deutschland versetzt, aber das war nicht das erste Mal, dass ich in Deutschland stationiert war. Von 1994 bis 1997 verbrachte ich etwa zweieinhalb Jahre in Deutschland, und zum Glück konnte ich damals ein Sprachtrainingsprogramm besuchen. Ich verbrachte sechs Monate an Sprachschulen in Schwäbisch Hall, Baden-Württemberg, und in Bonn, Nordrhein-Westfalen.

Um ehrlich zu sein bin ich überrascht, dass ich noch ein bisschen Deutsch kann, obwohl mein letzter Einsatz hier schon mehr als 20 Jahre zurückliegt. Ich versuche, mit den Menschen in Deutschland auf Deutsch zu kommunizieren, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unternehmens. Die Erfahrungen, die ich damals gemacht habe, sind sehr nützlich.

J-BIG: Hatten Sie gehofft, wieder nach Deutschland zurückzukehren?

Hirokazu Jo: Natürlich wollte ich eines Tages wieder in Deutschland stationiert sein. Ich habe Sprachen immer gemocht. Während meines Studiums arbeitete ich vier Jahre lang in Disneyland, wo ich Englisch lernte, und ich hatte eine starke Sehnsucht nach internationaler Arbeit. Da ich jedoch bereits über 50 Jahre alt war, erschien es unwahrscheinlich, dass ich nochmal im Ausland stationiert werden würde, und um ehrlich zu sein hatte ich aufgegeben. Meine Arbeit konzentrierte sich wie gesagt auf die Abteilung für Sicherheitsförderung, die nicht direkt mit der Arbeit der Auslandsniederlassungen zu tun hat. Ich ging deshalb davon aus, dass ich innerhalb Japans versetzt werden würde. Meine Familie war überrascht, als die Versetzung feststand. Jetzt lebe ich mit meiner Frau und meinen beiden Söhnen in Deutschland. Für meine Familie ist es das erste Mal, dass sie im Ausland lebt, und wir alle haben diese Erfahrung bisher genossen.

J-BIG: Wie sieht die Geschichte von JAL in Deutschland aus?

Hirokazu Jo: Im Jahr 1960 wurden die ersten Büros in Hamburg und Frankfurt eröffnet. Im folgenden Jahr folgte Düsseldorf, und ab 1962 wurden Flüge von Frankfurt nach Japan aufgenommen, die bis heute ununterbrochen in Betrieb sind. Zwischen 1965 und 1992 wurden mehrere Strecken mit Ursprung in verschiedenen Teilen Deutschlands eröffnet, aber alle außer der Frankfurter Strecke wurden später wieder eingestellt.

Die 1965 eröffnete Strecke nach Hamburg wurde 1988 eingestellt, weil immer mehr Japaner nach Düsseldorf kamen. Die Düsseldorf-Strecke startete1985, wurde aber 1991 wieder eingestellt. Die Strecke von und nach München war von 1992 bis 1995 in Betrieb. Heute leben dort mehr Japaner als in Düsseldorf, aber damals war die Nachfrage nicht groß genug, um den Betrieb rentabel zu machen. Außerdem wurde im vergangenen Oktober der Flughafen Berlin Brandenburg International am Rande Berlins eröffnet. Der alte Flughafen Schönefeld war jedoch in keinem guten Zustand, so dass die Strecke nach nur einem Jahr im November 1992 geschlossen wurde, da japanische Unternehmen nicht so stark wie erwartet nach Berlin expandierten. Obwohl es in Düsseldorf viele Japaner gibt, ist Frankfurt für Verbindungen in andere Teile Europas günstiger und hat eine größere Nachfrage, so dass auch diese Strecke eingestellt wurde. Bis Oktober letzten Jahres wurde jedoch ein privater Busdienst angeboten, der Passagiere von Düsseldorf nach Frankfurt brachte. Derzeit gibt es nur noch die Strecke Frankfurt – Narita. Vor der Corona-Pandemie führte ANA 28 Flüge pro Woche zwischen Japan und Deutschland von drei deutschen Flughäfen aus durch, während wir sieben Flüge pro Woche von einem Flughafen aus anboten.

Derzeit haben wir Büros in Frankfurt und Düsseldorf und beschäftigen in Deutschland etwa 50 Mitarbeiter. Fünf Mitarbeiter wurden aus Japan entsandt, die meisten von ihnen sind lokal angestellt. Wir tauschen täglich Informationen mit der Zentrale in Japan aus, vor allem in Bezug auf das Flugmanagement, die Anpassung von Flugplänen und neue Probleme im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Wir arbeiten auch mit dem japanischen Generalkonsulat und anderen Organisationen zusammen, um sicherzustellen, dass wir über die sich täglich ändernden gesetzlichen Bestimmungen in Bezug auf das Coronavirus genau Bescheid wissen und sie an Kunden weitergeben, die eine Reise planen.

J-BIG: Arbeiten Sie neben den Direktflügen von Frankfurt aus an weiteren Initiativen, um Menschen dazu zu bewegen, JAL zu nutzen?

Hirokazu Jo: In Zusammenarbeit mit Finnair, einer finnischen Fluggesellschaft, bieten wir Flüge aus verschiedenen Teilen Deutschlands zum Flughafen Haneda über Helsinki an. Dank dieser Zusammenarbeit konnten wir unser Angebot auf München, Stuttgart, Frankfurt, Düsseldorf, Hannover, Berlin, Hamburg und andere Städte ausweiten. Wie Lufthansa und ANA können wir nun auch Kunden, die in der Nähe von Städten ohne Direktflüge nach Japan wohnen, Strecken mit schnellen Anschlussflügen nach Japan anbieten. Viele Finnair-Flüge wurden wegen des Coronavirus ausgesetzt, aber vor kurzem wurde etwa die Hälfte der Flüge auf einigen Strecken wieder aufgenommen. Wir hoffen, dass die Menschen davon Gebrauch machen werden.

Außerdem wurde aufgrund der Coronavirus-Pandemie die Zahl der Flüge von Europa in die Kansai-Region stark reduziert, so dass wir im Juli und August jeden Sonntag Flüge von London nach Kansai anbieten werden. Wir hoffen, dass auch viele Passagiere aus Deutschland diesen Flug nutzen können.

J-BIG: Wie haben sich Ihre Einnahmen vor und nach der Pandemie entwickelt?

Hirokazu Jo: Die japanische Regierung hatte sich zum Ziel gesetzt, bis zu den Olympischen Spielen in Tokyo 2020 40 Millionen Passagiere ins Land zu holen. Tatsächlich war die Zahl der Einreisen in den Jahren 2018 und 2019 mit rund 31 bzw. 32 Millionen Besuchern stark. Unsere Einnahmen durch internationale Passagiere beliefen sich im Geschäftsjahr 2019 auf 476,2 Milliarden Yen, die durch inländische Passagiere auf 514,6 Milliarden Yen. Um diese Nachfrage aggressiv zu nutzen, hatten wir auch Pläne, in der ersten Jahreshälfte 2020 ZIPAIR, eine auf Mittel- und Langstrecken spezialisierte Low-Cost-Airline, zu starten.

Gerade als dies geschehen sollte, wurde die Welt von der Corona-Pandemie heimgesucht, und der Umsatz aus dem internationalen Passagierverkehr ging im Geschäftsjahr 2020 auf 27,9 Milliarden Yen zurück. Das entspricht einem Rückgang von etwa 94 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch der Verkauf von Inlandstickets ging im Vergleich zum Vorjahr um etwa 67 Prozent zurück. Früher haben wir jeden Tag einen Flug von Frankfurt aus durchgeführt, aber jetzt fliegen wir nur noch dreimal pro Woche – mittwochs, freitags und sonntags. Wir befinden uns in einer Krise, wie wir sie seit dem Konkurs des Unternehmens nicht mehr erlebt haben.

Andererseits hat der Frachtbereich „JALCARGO“ trotz dieser Situation seine Betriebseinnahmen um fast 40 Prozent gesteigert. Wir hatten uns nach dem Zusammenbruch des Unternehmens aus dem regulären Frachtverkehr zurückgezogen und nur noch Passagierflüge durchgeführt. Das hatte zur Folge, dass sich unser Angebot auf die Unterflur-Frachträume von Passagierflugzeugen beschränkte. Im Jahr 2019 nahmen wir jedoch die regelmäßigen Frachtflüge zwischen Japan und den USA wieder auf, wobei wir die Frachtflugzeuge anderer Unternehmen nutzten. Jetzt führen wir auch Charterflüge zwischen Japan und Europa durch. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde die Transportkapazität von regulären Passagierflügen mit Unterflur-Frachtraum weltweit drastisch reduziert. Aber wir nutzen aktiv die starke Nachfrage, die durch die Stagnation des Seetransports entstanden ist, indem wir Passagierflugzeuge und spezielle Frachtflugzeuge anderer Unternehmen einsetzen. So transportieren wir beispielsweise Impfstoffe gegen das Coronavirus mit Passagierflugzeugen vom Flughafen Brüssel, der nicht von regelmäßigen Passagierflügen bedient wird, nach Japan.

J-BIG: Wie wirkt sich die JAL-Philosophie in Krisenzeiten aus?

Hirokazu Jo: Da es in Japan kein Kurzarbeitssystem wie in Deutschland gibt, haben wir die interne Ausbildung stark ausgebaut und einige Mitarbeiter in andere Abteilungen innerhalb oder außerhalb des Unternehmens entsandt. Derzeit bemüht sich das Unternehmen, die Beschäftigung aufrechtzuerhalten, indem es etwa 1.700 Mitarbeiter an Callcenter anderer Unternehmen, an Kundenkontaktstellen wie Restaurant-Lieferdienste und an lokale Behörden abstellt.

In Deutschland ist es jedoch schwierig, Mitarbeiter in andere Unternehmen zu entsenden, weshalb wir für unsere Mitarbeiter Kurzarbeit eingeführt haben. Wir organisieren auch Handbücher, erweitern die individuellen Fähigkeiten und Qualifikationen und tun andere Dinge, die wir in der Vergangenheit nicht tun konnten, weil wir zu sehr mit unserer täglichen Arbeit beschäftigt waren. Außerdem bemühen wir uns intensiv um Kostensenkungen. Früher haben wir die Ladung zum Beispiel unabhängig vom Wetter in Plastikfolie eingewickelt und verschnürt, um sie wasserdicht zu machen. Jetzt prüfen unsere Mitarbeiter die Wetterbedingungen und führen diese Maßnahme nur noch bei Bedarf durch. Das spart Materialkosten.

Da wir die Kosten jedoch nicht unbegrenzt senken können, ermutigen wir unsere Mitarbeiter auch, sich aktiv zu beteiligen, indem sie neue Geschäftsfelder entwickeln und vorschlagen. So erfreut sich beispielsweise der Bereich Frachtvertrieb nicht nur einer starken Nachfrage, er gewinnt auch neue Kunden und verbessert so seine Rentabilität. Darüber hinaus hat die Vertriebsabteilung für Passagiere im Februar dieses Jahres damit begonnen, die Busverbindung von Düsseldorf nach Frankfurt durch einen ermäßigten Mietwagenservice zu ersetzen, und die Zahl der Passagiere steigt allmählich. Wir halten Online-Seminare ab, um unsere Kunden mit den neuesten Informationen über die Einreisebestimmungen nach Japan zu versorgen, und als Beitrag zur lokalen Gemeinschaft haben wir begonnen, Online-Knigge-Kurse an japanischen Schulen in Düsseldorf und Amsterdam anzubieten. Außerdem bieten wir an japanischen Schulen in Frankfurt und anderen Städten Luftfahrtunterricht an, den wir früher durch direkte Besuche in den Schulen durchgeführt haben.

Obwohl diese Initiativen von der obersten Führungsebene geleitet wurden, gehen viele davon auf Vorschläge von Mitarbeitern zurück, die Grundsätze der JAL-Philosophie wie „selbstmotiviert“ und „mutig herausfordern“ in die Tat umsetzten und darüber nachdachten, was sie nun auf eigene Faust tun könnten. Wir sind mit wunderbaren Mitarbeitern gesegnet und dafür bin ich dankbar. Zweifellos können unsere Erfahrungen aus der Vergangenheit uns helfen, die Corona-Katastrophe zu überwinden.

J-BIG: Mal angenommen, es wird für im Ausland lebende Japaner und ausländische Touristen oder Geschäftsreisende wieder einfacher, nach Japan zu reisen – welche Vorbereitungen treffen Sie für die Zukunft?

Hirokazu Jo: Deutsche und vor allem Japaner sind sehr auf Hygiene bedacht. Deshalb haben wir eine Reihe von gründlichen Infektionsschutz-Maßnahmen eingeführt, die es Passagieren ermöglichen, unbesorgt zu fliegen.

Dafür haben wir die höchste Bewertung von 5 Sternen im „Covid-19 Safety Rating“ von SKYTRAX, einer britischen Organisation zur Bewertung von Fluggesellschaften, und die höchste Bewertung „Diamond“ im US-amerikanischen „APEX Health Safety Powered by SimpliFlying“ erhalten. Zu diesen Maßnahmen gehören insbesondere die berührungslose und automatisierte Abfertigung an den Flughäfen in Japan, die antivirale und antibakterielle Beschichtung aller Flugzeugkabinen sowie die so genannte „JAL Corona Cover“, die im Falle einer Infektion eine Entschädigung für Kosten und Beratungsleistungen bietet.

Sobald sich die Infektionssituation in der Welt beruhigt hat, erwarten wir außerdem, dass die Nachfrage nach Urlaubsreisen wieder steigen wird. Wir beabsichtigen daher, unsere drei Low Cost Carrier, kurz LCCs, effektiv zu nutzen. SPRING JAPAN wird für internationale Kurzstreckenflüge nach China zuständig sein, Jetstar Japan für Inlandsflüge und ZIPAIR für Flüge in die Vereinigten Staaten. Das Fluggebiet von ZIPAIR umfasst Mittel- und Langstreckenflüge von Japan nach Honolulu und Bangkok, was für ein LCC ungewöhnlich ist. Ich persönlich hoffe, dass ZIPAIR früher oder später auch Flüge nach Europa anbieten wird.

J-BIG: Erwarten Sie, dass sich die Luftverkehrsbranche im nächsten Jahr erholen wird?

Hirokazu Jo: Die International Air Transport Association IATA sagt voraus, dass die weltweite Nachfrage erst 2023 wieder das Niveau von 2019 erreichen wird. Ich weiß nicht genau wann, aber ich glaube, dass Japan-Touristen und Geschäftsreisende definitiv zurückkehren werden, sobald die Corona-Katastrophe überwunden ist.

In den letzten Jahren hat das Passagieraufkommen weltweit zugenommen und der Wettbewerb auf dem Luftverkehrsmarkt hat sich verschärft. Andererseits hat die „Flugscham“ dazu geführt, dass die Gesellschaft Luftverkehrsunternehmen, die die Umwelt stark belasten, genauer unter die Lupe nimmt. Die Überprüfung von Flugzeugtechnologien und -treibstoffen zur Verringerung der CO2-Emissionen ist eine Herausforderung für alle Fluggesellschaften, und wir haben uns das Ziel gesetzt, bis 2050 praktisch keine CO2-Emissionen mehr zu verursachen. Wir rüsten unsere Flotte aktiv auf treibstoffeffiziente Flugzeuge wie die A350 um und arbeiten daran, den Treibstoffverbrauch durch die Entwicklung neuer Flugverfahren zu senken. In Zukunft werden wir auch Flugzeuge einführen, die mit Wasserstoff, Elektroenergie und anderen Technologien betrieben werden. Außerdem werden wir den Einsatz nachhaltiger alternativer Kraftstoffe als Ersatz für fossile Brennstoffe verstärken. Wir werden uns bemühen, das Verständnis der Gesellschaft durch konkrete Maßnahmen zu gewinnen, um die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung zu erreichen und die Umwelt zu schützen.

Dieses Jahr wird der 160. Jahrestag der japanisch-deutschen Beziehungen begangen, und im nächsten Jahr jährt sich der Einsatz unseres Unternehmens zwischen Japan und Deutschland zum 60. Mal. Obwohl es in diesen herausfordernden Zeiten immer noch schwierig ist, Pläne zu schmieden, hoffen wir, dass wir unseren Kunden, den lokalen Regierungen und allen Beteiligten, die uns trotz vergangener Unfälle und geschäftlicher Misserfolge unterstützt haben, etwas zurückgeben können. In diesem Sinne hoffe ich aufrichtig, dass bald der Tag kommt, an dem jeder zwischen Deutschland, Europa und Japan so ungehindert ein- und ausreisen kann wie zuvor.


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