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"Es gibt zahlreiche Ähnlichkeiten zwischen der deutschen und japanischen Wesensart"

Interview mit Kan Sumita - Arbeitswelt in Deutschland und Japan

Neuigkeiten unserer Special Advisor

Di 14.09.2021, 10:00 Uhr

Kan Sumita begleitet den DJW seit vielen Jahren als Mitglied und als Special Advisor Network Expansion. Dank seines Einsatzes konnten wir besonders in Japan unser Netzwerk weiter ausbauen. Seit sein Karriereweg Kan Sumita im Jahr 2005 zur Zentrale des Bankhauses Metzler führte, setzt er sich für die Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern ein, sei es im Bereich der Fachkräfteentwicklung oder in japanisch-deutschen Austauschprojekten. Durch seine Arbeit in Deutschland und Japan gewann er einen tiefen Einblick in die Arbeitswelten beider Länder, den er in seinem im Mai erschienenen Buch "In Deutschland arbeitet man nicht so viel" (『ドイツではそんなに働かない』) vorstellt. Nach der Lektüre des Buches haben wir mit Kan Sumita ein Interview geführt.

Lieber Herr Sumita, wir arbeiten schon lange Zeit zusammen, Sie sind ein Freund und großer Unterstützer unseres Wirtschaftskreises und seit 2011 auch Special Advisor des DJW. Welche Rolle spielt der deutsch-japanische Austausch für Sie?

Es gibt zahlreiche Ähnlichkeiten zwischen der deutschen und japanischen Wesensart. Betrachtet man die Geschichte und Kultur beider Länder gilt für sie weder „winner takes all“ – „Der Gewinner bekommt am Ende alles“ noch „cash is king“ - „der, der das meiste Geld verdient ist der König“. Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, sind Japan und Deutschland seit Ende des Zweiten Weltkrieges die einzigen, die ihre stets starke nationale Währung nicht abwerten ließen und immer Qualität vor Quantität gefordert haben.

Während meiner bisherigen Tätigkeit inklusive meines Engagements beim DJW habe ich mir darüber Gedanken gemacht, welche Bedeutung der deutsch-japanische Austausch hat. Es wird geschätzt, dass die Bevölkerung in Japan in ca. 40 Jahren so groß ist wie heute in Deutschland (82 Millionen Menschen vs. 126 Mio. in Japan). Warum ist die Arbeitsproduktivität in Deutschland dennoch? höher als in Japan? Warum können die Menschen in Deutschland trotzdem insgesamt sechs Wochen Urlaub machen? Wenn man sich allein dies betrachtet, ist es für uns Japaner:innen von großem Interesse, mehr über Deutschland zu lernen. 

Gleichsam ist es natürlich auch für die Deutschen äußerst wichtig, etwas über die Kultur zu lernen, die Japan im Laufe der Jahre in vielerlei Hinsicht gepflegt hat. Aber das hebe ich mir für ein anderes Mal auf.

Was begeistert Sie an Deutschland, welche Erfahrungen schätzen Sie besonders wert, welche haben Sie besonders geprägt?

Die Unabhängigkeit der Deutschen, die in Worten und Taten zu finden ist, hat mich beeindruckt. Unabhängig sein kann man selbstverständlich vielfältig definieren. Für mich bedeutet es, Verantwortung für die eigenen Entscheidungen zu tragen, ohne sich von anderen abhängig zu machen.

Welches Erlebnis auf der Arbeit in Deutschland blieb Ihnen besonders in Erinnerung?

Um ehrlich zu sein, gibt es zu viele, um sie hier zu nennen, aber vor allem habe ich viel von den Worten und Taten meines damaligen Vorgesetzten in Deutschland gelernt. Er sagte ständig, dass er möglichst versucht, nicht von Anfang an „Nein!“ oder „No!“ zu sagen, egal wie schwierig die Bitten/Aufträge oder die Herausforderungen auch scheinen. Das ist noch heute mein Motto.

Welchen umgekehrten Kulturschock haben Sie auf der Arbeit in Japan erlebt, nachdem Sie aus Deutschland zurückgekehrt sind?

Das Subjekt wird im Japanischen selten klar definiert. Außerdem nutzen Japaner:innen sehr häufig „Keigo-Ausdrücke“ (Höflichkeitsform in Japanisch), welche aus komplizierten Verbkomplexen bestehen (zum Beispiel der Ausdruck: „sasete-itadaku“ – lassen Sie mich das für Sie (tun) oder ich habe die Ehre für Sie (zu tun)). Dadurch wird es oft unklar, wer die Verantwortung für Taten hat, weswegen ich es manchmal schwierig fand, konstruktive Diskussionen zu führen.

In Ihrem neuen Buch schlagen Sie einerseits anhand Ihrer Erfahrungen in Deutschland zahlreiche neue Ideen vor, um ein besseres Arbeitsklima in Japan zu schaffen. Andererseits sehen Sie auch Potenzial im japanischen Arbeitsstil, wie Sie im letzten Kapitel geschrieben haben. Welche Hybridmöglichkeiten finden Sie in Japan und Deutschland jeweils vor?

Im heutigen Japan, in dem der Generationswechsel im vollen Gange ist, kommen wir meiner Meinung nach einerseits näher an die deutsche Arbeitsweise, die auf einer Life-Work-Balance basiert (nicht „Work-Life“, sondern ganz richtig: „Life first“ – Zuerst leben, dann arbeiten!). Andererseits könnte sich im Zuge von mehr Heimarbeit und damit verbundenen Problemen wie Einsamkeit und Isolation das Interesse der Deutschen für die japanische Arbeitsweise steigern, bei der eben die Teamarbeit an erster Stelle steht.

Wie in Ihrem Buch beschrieben ist, haben Sie sehr viele Unterschiede zwischen Japan und Deutschland in Bezug auf die jeweilige Arbeitsweise erkannt. Unter unseren Mitgliedern sind sowohl deutsche Unternehmen, die zukünftig nach Japan expandieren möchten, als auch japanische Unternehmen, die in den deutschen Markt eintreten möchten. Haben Sie aus Ihrer langjährigen Erfahrung in der deutsch-japanischen Geschäftspraxis einen Rat, wie Mitarbeiter solcher Unternehmen mit kulturellen Unterschieden zwischen Kolleg:innen und mit Geschäftspartnern konstruktiv umgehen können?

Kurz gefasst, Wenn Sie im Wörterbuch das japanische Wort „Teamwork“ nachschlagen, finden Sie als Übersetzung das deutsche Wort „Teamarbeit“. Die tiefere Bedeutung dieser beiden Begriffe ist jedoch grundverschieden.

Warum fangen wir nicht erst einmal damit an, diese unterschiedlichen Bedeutungen zu verstehen?

Kan Sumita (DJW Special Advisor Network Expansion)/ 隅田 貫(DJW特別顧問 ネットワーク・エクスパンション) Kan Sumita (DJW Special Advisor Network Expansion)/ 隅田 貫(DJW特別顧問 ネットワーク・エクスパンション)
Kan Sumita
DJW Special Advisor Network Expansion
info@djw.de
http://www.djw.de
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