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Das neue "Lobbyregistergesetz"

Integre Interessenvertretung und Haftungsvermeidung

Hinweis unseres Fördermitglieds Taylor Wessing Partnerschaftsgesellschaft mbB

Di 15.03.2022, 13:00 Uhr

Am 1. Januar 2022 ist das neue Lobbyregistergesetz in Kraft getreten. Nach diesem Gesetz müssen sich alle Institutionen, die Lobbyarbeit betreiben, grundsätzlich in ein öffentliches Lobbyregister eintragen lassen. Zudem muss Lobbyarbeit nach bestimmten, kraft Gesetzes festgelegten, Prinzipien erfolgen.

Weiter Begriff der Lobbyarbeit

Der Gesetzgeber fasst den Rahmen für den Begriff „Lobbyarbeit“ sehr weit. Per neuer Definition fällt hierunter nun jede Kontaktaufnahme zum Zweck der unmittelbaren oder mittelbaren Einflussnahme auf einen Willensbildungs- oder Entscheidungsprozess des Bundestages oder der Bundesregierung. Die neuen Regelungen erfassen nicht nur eine „Ansprache“ der Bundesregierung, sondern auch von Organen, Mitgliedern, Fraktionen oder Gruppen des Deutschen Bundestages. Zwar fallen Landtage und Landesregierungen nicht in den Anwendungsbereich des Lobbyregistergesetzes; es ist jedoch damit zu rechnen, dass auch die Länder mit entsprechenden Landesgesetzen zeitnah „nachziehen“ werden. Bayern hat dies beispielsweise bereits mit Einführung eines Bayrischen Lobbyregistergesetzes umgesetzt.

Das Lobbyregistergesetz soll seinem Wortlaut nach selbst dann Anwendung finden, wenn ein Unternehmen gar nicht selbst Lobbyarbeit betreibt, sondern Dritte hiermit beauftragt.

Weiter persönlicher Anwendungsbereich

Weit gefasst ist nicht nur der Begriff der Lobbyarbeit, sondern auch der Kreis der möglichen Interessenvertreter, für die künftig das Lobbyregistergesetz gilt: Der Gesetzgeber adressiert alle natürlichen oder juristischen Personen, Personengesellschaften oder sonstigen Organisationen, auch in Form von Netzwerken, Plattformen oder anderen Formen kollektiver Tätigkeiten. Dabei ist gleichgültig, ob die Interessenvertreterin oder der Interessenvertreter den Wohnort oder Sitz im Inland oder Ausland hat.

Registrierungs- und Aktualisierungspflicht

Unternehmen, die Lobbyarbeit betreiben wollen und nicht unter einen gesetzlichen Ausnahmetatbestand fallen, müssen sich künftig in ein öffentliches Lobbyregister eintragen. Dabei ist ein vorgegebener Verhaltenskodex zu beachten, wobei ebenfalls auch ein eigener Kodex registriert werden kann.

Aus dieser Eintragungspflicht folgt zu Lasten der betroffenen Unternehmen, dass zum Teil sehr sensible Daten veröffentlicht werden müssen, wie beispielsweise Jahresabschlüsse und Rechenschaftsberichte, auch wenn diese nicht den handelsrechtlichen Offenlegungspflichten unterliegen. Auch müssen Angaben dazu veröffentlicht werden, von wem das Unternehmen relevante Zuwendungen/ Schenkungen erhält. Zwar können besonders sensible Angaben grundsätzlich verweigert werden; in diesem Falle werden die Unternehmen jedoch in einer ebenfalls veröffentlichten „schwarzen Liste“ namentlich genannt. Eine solche öffentliche „Anprangerung“ dürfte mit dem Risiko erheblicher Reputationsschäden und Einschränkungen bei der Lobbyarbeit verbunden sein.

Zu beachten ist ferner, dass es nicht ausreicht, nur das Unternehmen als juristische Person zu registrieren. Das Lobbyregistergesetz schreibt zusätzlich mindestens eine Angabe von Familiennamen, Geburtsnamen und Vornamen jedes einzelnen Beschäftigten vor, der die Interessenvertretung unmittelbar ausübt.

Zudem müssen die im Lobbyregister eingetragenen Daten mindestens einmal pro Jahr aktualisiert werden, was mit einem nicht unerheblichen fortlaufenden Monitoring-Aufwand verbunden ist. Falsche oder unvollständige Angaben werden mit einem Bußgeld von bis zu EUR 50.000 pro Verstoß geahndet.

Pflicht zur integren Interessenvertretung

Das Lobbyregistergesetz schreibt nun verbindlich vor, dass jeder Kontakt gegenüber den erfassten politischen Organen nur noch dann rechtmäßig möglich ist, wenn er auf Basis von Offenheit, Transparenz, Ehrlichkeit und Integrität erfolgt. So müssen bei jedem Kontakt mit einem politischen Organ die Identität und das konkrete Anliegen sowie ggf. die Identität und das Anliegen des Auftraggebers offengelegt und über den Auftrag zutreffende Angaben gemacht werden. Verstöße gegen diese im Verhaltenskodex festgeschriebenen Grundsätze werden im Lobbyregister veröffentlicht, was vor allem die weiteren Lobbytätigkeiten behindern und wiederum einen Reputationsschaden zur Folge haben dürfte. Um im Falle eines Falles nachweisen zu können, dass die Kontaktaufnahme entsprechend dieser Erfordernisse erfolgte, sollte die Kontaktaufnahme revisionsfest dokumentiert werden.

Konkreter Handlungsbedarf

Das Lobbyregistergesetz ist am 1. Januar 2022 in Kraft getreten. Sofern noch nicht geschehen, sollten Unternehmen, insbesondere solche, die eine gesonderte Public Affairs Abteilung oder Ähnliches unterhalten, nun schnellstmöglich prüfen, ob sie tatsächlich registrierungspflichtige Lobbyarbeit betreiben oder unter einen der gesetzlichen Ausnahmetatbestände fallen.

Im letzteren Falle können insbesondere die Veröffentlichung umfangreicher und teilweise sehr sensibler Unternehmensdaten sowie das Haftungsrisiko für falsche oder unvollständige Angaben vermieden werden.

Sollte eine Eintragung in das Lobbyregister hingegen nicht vermeidbar sein, müsste die Eintragung schnellstmöglich angestoßen werden. Zusätzlich dürften insbesondere die folgenden Maßnahmen erforderlich sein, um die registrierungspflichtige Lobbyarbeit dauerhaft in Einklang mit dem Lobbyregistergesetz fortführen zu können:

  • Benennung eines geeigneten Prozessverantwortlichen im Unternehmen („LobbyR-Beauftragte/r“) sowie seiner Aufgaben und Kompetenzen, einschließlich arbeitsvertraglicher Umsetzung; ggf.: Delegation der Pflichten aus dem Lobbyregistergesetz auf den LobbyR-Beauftragten.
  • Erstellung eines internen, revisionsfähigen Abfrageprozesses zur Ermittlung unmittelbarer Interessenvertreter und registerpflichtiger Informationen.
  • Erstellung eines Monitoring-Prozesses zur fortlaufenden Erfassung eines etwaigen Aktualisierungsbedarfs des Registerinhaltes.
  • Erstellung einer verbindlichen und revisionsfähigen Verfahrensanweisung für die rechtmäßige Ausübung der Interessenvertretung.
  • Implementierung eines internen „Clearing-Prozesses“ für die jeweilige, konkrete Ausübung der Interessenvertretung und revisionsfeste Dokumentation.
  • Schulungen und Risikosensibilisierung der unmittelbaren Interessenvertreter.
  • Integration des Prozesses in das Compliance Management System des Unternehmens.

Fazit

Das neue Lobbyregistergesetz ist ein Versuch des Gesetzgebers, Lobbyarbeit bei Mitgliedern des Bundestages oder der Bundesregierung transparenter zu machen, und sie bestimmten Regeln zu unterwerfen. Wichtig ist, dass Unternehmen jetzt aktiv werden, und ihre eigenen Lobby-Aktivitäten mit den neuen gesetzlichen Regelungen abgleichen. Im Falle eintragungspflichtiger Lobbyarbeit sollten sie parallel zu der Eintragung entsprechende Compliance-Prozesse implementieren, um eine Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften im Rahmen ihrer Lobbyarbeit dauerhaft sicherzustellen. Auf diese Weise dürfte die Lobbyarbeit in- und ausländischer Unternehmen in Deutschland trotz der neuen gesetzlichen Regelungen auch weiterhin ohne nennenswerten Einschränkungen möglich sein.

 

Dr. Tim Eickmanns     Dr. Martin Knaup         Jan-Patrick Vogel        Hans-Joachim Reck

 


Weitere Informationen hierzu im DJW "Members for Members" - Das neue "Lobbyregistergesetz" – Integre Interessenvertretung und Haftungsvermeidung (Online, 5. April 15:00-16:00)

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