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Förderung des Tourismus und regionale Revitalisierung

Tomoyuki Yano, Office Manager, JTB Germany GmbH, Düsseldorf Branch Office

Dieser Artikel erschien ursprünglich in den DJW News 4/2017.

Sa 21.10.2017, 12:00 Uhr

Tourismus als eine Säule der Wachstumsstrategie

Es ist wahrscheinlich wenig bekannt, dass JTB 1912 als ‚Japan Tourist Bureau‘ gegründet wurde, um ausländische Touristen ins Land zu bringen. Zu Beginn der Taisho-Ära verfolgte man die Strategie, durch den Tourismus Ausländer nach Japan zu bringen und dadurch die Wirtschaft anzukurbeln.

Heute, 100 Jahre später, treibt die japanische Regierung erneut den Tourismus als eine Säule der Wachstumsstrategie voran. 2016 hat sie bei der Tagung „Eine Tourismus-Vision für das Japan von morgen“ das hochgesteckte Ziel geäußert, die Zahl ausländischer Besucher in Kürze zu verdoppeln und im Jahr der Olympischen Sommerspiele in Tokyo, 2020, auf 40 Millionen zu erhöhen. Für das Jahr 2030 liegt das Ziel bei 60 Millionen Besuchern.

Im September 2017, als dieser Artikel entstand, liegt die Zahl der Touristen bis August bei fast 19 Millionen. Dies ist ein Anstieg um 18 % im Vergleich zum Vorjahr. Daher sind die Chancen für das Jahr 2017 gut, weit über die 20-Millionen-Marke zu kommen. Im Jahr 2016 haben 183.000 Deutsche Japan besucht. Somit liegt Deutschland auf Platz 3 der Europäer, hinter Großbritannien (292.000 Besucher) und Frankreich (253.000 Besucher). Durchschnittlich besuchten 10 % mehr Deutsche Japan in diesem Jahr als im Jahr 2016 (Quelle: Japanisches Fremdensverkehrsamt JNTO). Insgesamt betrug der durch ausländische Besucher erzielte Umsatz in Japan im Jahr 2016 3,5 Billion Yen, was dem Umsatz für den Export von Autoteilen im gleichen Zeitraum entspricht. Die Ziele für das Jahr 2020 liegen bei 8 Billionen Yen und für das Jahr 2030 bei 15 Billionen Yen (Quelle: Tagung: Eine Tourismus-Vision für das Japan von morgen).

Premierminister Shinzo Abe sieht im Tourismus eine große Säule der Wachstumsstrategie Japans und betrachtet ihn auch als Trumpf für die regionale Revitalisierung. Die Eckpfeiler für einen erfolgreichen Tourismus sind „Klima“, „Kultur“, „Kulinarisches“ und „Natur“. Jede japanische Kommune versucht hiermit, mehr ausländische Touristen anzulocken. Dies erweist sich in der Praxis jedoch manchmal als schwierig, denn da sich jede Kommune auf ihre eigenen Vorzüge konzentriert, bekommen ausländische Reisende zu viele Informationen. So ist es für Touristen schwer, einen roten Faden zu finden, mit dem sie die eigenen Wünsche für die Reiseroute mit den Angeboten der jeweiligen Provinz vereinbaren können.

Die regionale Revitalisierung

Als Reisebüro versuchen wir, für die Kunden diese rote Linie auszuarbeiten, die die Japanbesucher von Punkt zu Punkt führt, und trotzdem eine individuelle Reise mit unterschiedlichen Prioritäten gewährleistet. Wir geben außerdem vor Antritt einen plastischen Eindruck von der Reise, und geben Informationen aus einer Hand weiter. Die Fortführung dieser Aufgabe erachte ich als wichtige Aufgabe für Reisebüros für die regionale Revitalisierung.

In diesem Sinne streben wir immer danach, neue Reiseziele in Japan zu entdecken und die Reisebranche weiter zu entwickeln.

Die Tohoku-Region

Ein Beispiel ist die Tohoku-Region, insbesondere die Präfektur Fukushima. Für viele Deutsche kommt Fukushima nach der Atomkatastrophe im Jahr 2011 als Reiseziel nicht mehr in Betracht. In Deutschland weitestgehend unbekannt ist die Tatsache, dass Fukushima seit drei Jahren mit Nordrhein-Westfalen einen intensiven technischen Austausch betreibt, bei dem es u. a. um erneuerbare Energien und Medizintechnik geht. Die EU beabsichtigt im Herbst 2017 die Einfuhr für Lebensmittel aus Fukushima zu erleichtern. Reiswein aus der Präfektur Fukushima wurde in den letzten fünf Jahren regelmäßig als der beste Sake Japans ausgezeichnet. Leider wird zu den positiven Entwicklungen in Fukushima nicht viel oder gar nichts in der internationalen Presse berichtet. Dabei gibt es auch viele historische Verbindungen zwischen Fukushima und Deutschland: So hatte das Fürstentum Aizu, das im Westen der heutigen Präfektur Fukushima lokalisiert war, während des Krieges 1868 zwischen den Truppen des Tokugawa-Shogunats und des Kaisers einen militärischen Berater namens Schnell, der aus Preußen kam. Toyoshisa Matsue, der Sohn eines Samurai aus diesem Fürstentum und im ersten Weltkrieg Kommandant eines Gefangenen-Lagers in Bando (heutige Präfektur Tokushima) war durch seine Menschlichkeit gegenüber den deutschen Gefangenen bekannt und ermöglichte einen Austausch zwischen ihnen und der japanischen Bevölkerung. Diese Gefangenen führten zum ersten Mal die 9. Symphonie „Ode an die Freude“ von Beethoven in Japan auf – eine in Japan sehr bekannte Geschichte.

Hokkaido

Gehen wir noch etwas weiter nach Norden, in Richtung des ‚Naturparadieses Hokkaido‘. Hokkaido, das das Füstentum Aizu 1868 an Preußen verkaufen wollte, weil man dort aufgrund des Klimas keinen Reis anbauen kann, ist geprägt von dem Vorstoß eines deutschen Landschaftsingenieurs

namens Gärtner, der begann, dort Kartoffeln, Weizen und Mais anzubauen und die Milchwirtschaft einführte. All diese sind heute Hokkaidos Markenzeichen. Heute gibt es ‚Special Interest Touren‘ (SIT), die die Natur in den Vordergrund stellen und bei der man Wale, Braunbären, Treibeis und vieles mehr erleben kann.

Weitere SIT-Locations

Neben Tohoku und Hokkaido gibt es natürlich noch weitere SIT-Locations, bspw. Shimane, das am dünnsten besiedelte Gebiet Japans, reich an Sehenswürdigkeiten und märchenhaften Erzählungen. Hier gibt es z. B. das „Adachi-Museum“ nahe der Stadt Matsue, mit einem japanischen Garten, der die Berge der Umgebung mit in das Gesamtbild einbezieht (jap. „shakkei“, „geborgte Landschaft“). Auch wer schon häufig japanische Gärten besucht hat, findet hier nochmals ganz neue und bleibende Eindrücke. Auch „Kagura“ (göttlicher Tanz und Musik), das mit dem Noh-Theater und Kabuki zu den bedeutenden traditionellen Künsten zählt, kann man dort genießen.

Letztendlich steht Japan für den Kontrast zwischen Hightech und Tradition, doch sollte man dabei nicht die Schönheit der abgelegenen Inseln Okinawas versäumen. Die kleinen Inseln Ishigaki und Miyako bestechen vor allem mit den „schönsten Stränden Ostasiens“ sowie Korallen, Mantas und einer Vielfalt exotischer Fische und vielen beliebten Tauchgebieten. Am Nachthimmel kann man die Milchstraße bewundern. Auf dem Okinawa-Archipel lebt die reiche Kultur und Esskultur des einstigen Ryukyu-Königreichs weiter und die vier Touristenattraktionen „Klima“, „Kultur“, „Kulinarisches“ und „Natur“ finden sich hier alle vereint. Für Japan, das danach strebt eine Tourismus-Nation zu werden, ist dieses Gebiet unverzichtbar.

Durch die Verbreitung von Online-Reiseagenturen und der Sharing Economy durchlebt die Tourismusbranche gerade einen großen Wandel. Ich bin aber überzeugt, dass trotzdem in Zukunft die Rolle von Reisbüros nicht kleiner werden wird, besonders im Hinblickt auf die sorgfältig ausgewählten Informationen, die wir unseren Kunden anbieten. Gleichzeitig treiben wir die Realisation der Tourismus-Nation und die regionale Schaffung von Tourismus-

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Tomoyuki Yano
Office Manager
JTB Germany GmbH
tomoyuki_yano@jtb-europe.com
www.japanspecialist.de
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