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Die japanische Popkultur – ihre wirtschaftliche Bedeutung in Deutschland und weltweit

Andreas Degen, Mitbegründer der Anime-Convention DoKomi

Dieser Artikel erschien ursprünglich in den DJW News 2/2016.

So 17.04.2016, 12:57 Uhr

Seit Ende der neunziger Jahre hat die japanische Popkultur sich weltweit kontinuierlich verbreitet. Egal ob in anderen Ländern Asiens, Europa oder Amerika, überall sind regionale Fancommunities entstanden, die sich mit verschiedenen Bereichen der japanischen Popkultur auseinandersetzen. Grob kann man diese in die Kategorien Anime/Manga (japanische Zeichentrickfilme/japanische Comics), Musik, Mode, Videospiele und Cosplay (möglichst originalgetreue Darstellung einer Figur aus Anime, Manga, Film oder Computerspiel durch Kostüme und Verhalten) unterteilen. Diese Communities sind vor allem durch die Verbreitung über das Internet entstanden. Durch die kontinuierliche Verbreitung und Etablierung in Jugendkulturen ist die japanische Popkultur mittlerweile nicht mehr nur ein Nischenphänomen, sondern erreicht zunehmend auch den Mainstream. Im Falle Deutschlands zeigt sich dies aktuell an der Auswahl der Künstlerin „Jamie-Lee Kriewitz“ für den Eurovision Song Contest 2016, die mit Japan-affinem Profil auftritt und sich darüber vermarkten lässt. Durch diese zunehmende Aufmerksamkeit sowie die seit über 15 Jahren immer größer werdende Fangemeinde hat sich das Thema auch wirtschaftlich zu einer bedeutenden Größe entwickelt. Die Absatzzahlen von Manga steigen, die Einbindung von Anime in Onlinevermarktungsformate sowie Kinoprogramme und Direct-to-DVD/Blu-Ray-Veröffentlichungen (bei denen Filme direkt auf DVD oder Blue-Ray erscheinen, ohne je im Kino gelaufen zu sein) wird zu-nehmend angenommen. Fan-Events mit Japanbezug, sogenannte Conventions, boomen und locken zehn-tausende Besucher in ihre Hallen. Längst haben zahlreiche Firmen (Hersteller von Kosmetik oder Kreativbedarf) diesen Trend erkannt und vermarkten Produkte konkret auf diese Zielgruppe. Vor allem japanische Firmen haben bei dieser Zielgruppe einen deutlich leichteren Einstieg, da der Japanbezug auch für eine hohe Markenaffinität sorgt. An der folgenden Statistik, welche im Rahmen der DoKomi erhoben wurde, lässt sich zeigen, wie die Verteilung der Interessengebiete verläuft (siehe Abb. 1): Der Fokus liegt hierbei stark auf Merchandise zu Anime & Manga, Cosplay, japanischem Essen und generell allem, wo die Ästhetik der „kawaii culture“ (kawaii = süß, niedlich) eine große Rolle spielt.

Längst hat diese auch in die Bereiche der Mode und des Produktdesigns Einzug gehalten und zieht ihre Kreise weit über den  Horizont von  Comics und  Anime  hinaus.  Denn dies ist das herausragende Stilelement, was alle unter-schiedlichen Interessensgebiete miteinander verbindet. Was für einen Impact die Popkultur in Zahlen hat, lässt sich vor allem am Einfluss in sozialen Netzwerken, als auch am Wachstum der einschlägigen Japan-Conventions feststellen, welche in allen möglichen Regionen der Welt stattfinden. Kleine bis mittlere Veranstaltung ziehen mehrere tausend Besucher an, größere mehrere zehn tausende, einige Ausnahmen wie z.B. die Anime Expo in Los Angeles oder die Japan Expo in Paris sechsstellige Besuchermassen. In Deutschland sind die größten Vertreter der Japan-Conventions die DoKomi in Düsseldorf, die Connichi in Kassel und die AnimagiC in Bonn. Zusätzlich treffen sich auch zahlreiche Japanfans auf dem Japantag in Düsseldorf, der Gamescom in Köln sowie den beiden Buchmessen in Frankfurt und Leipzig. Solche Veranstaltungen fungieren als Plattformen für eine Community, die sonst ihre Hobbies hauptsächlich online ausleben kann. Aus diesem Grund geben ihre Mitglieder auf diesen Veranstaltungen auch hohe Summen für ihr Hobby aus (siehe Abb. 2).

Die Teilnahmezahlen an diesen Veranstaltungen sind weltweit steigend, am besten lässt sich dies am Beispiel der Besucherentwicklung der DoKomi bildlich skizzieren (siehe Abb. 3).

Der durchschnittliche Japan-Fan ist dabei zwischen 15 und 25 Jahre alt und eher weiblich (55,3%) als männlich (44,7%), wie man an den im Rahmen der DoKomi erhobenen Statistiken entnehmen kann. Doch ist diese Zielgruppe  nicht  nur als reine  Konsumentengruppe und  Wachstumsmarkt attraktiv. Aus den vergangenen 15 Jahren zeigt sich: Das Interesse an Japan bleibt nachhaltig bestehen und äußert sich neben dem Konsumverhalten auch in an- deren Bereichen wie der Studien- und Berufswahl (Tätig keit mit Japanbezug, bei  japanischen Unternehmen  oder im Ausland mit Japanern), beim Engagement im Ehrenamt (Deutsch-Japanische Gesellschaften), bei Medienprojekten (bspw. Newsseiten über japanische Popkultur) und vielem mehr. Es gibt inzwischen sogar Start-Up-Projekte – Firmen, die mit japanischer Popkultur Umsätze schaffen, angefangen von Resellern (Händlern), wie man sie auf zahlreichen Conventions findet, über Zeichner, die aus ihrer Kunst ein Gewerbe machen bis hin zu Beratungs- u.a. Dienstleistungen.

Wer in der Jugend aktives Mitglied der Popkulturszene wird, hat eine hohe Chance, diesem Hobby nicht nur lange erhalten zu bleiben, sondern auch sich darüber hinaus tiefergehend mit Japan zu beschäftigen und zum deutsch-japanischen Austausch beizutragen.

Die Dokomi in der Messe Düsseldorf 2015 Die Dokomi in der Messe Düsseldorf 2015
Abb.1: Interessen der DoKomi-Besucher 2015 / グラフ1 :2015年ドコミ参加者の関心分野 Abb.1: Interessen der DoKomi-Besucher 2015 / グラフ1 :2015年ドコミ参加者の関心分野
Abb. 2: Budget der DoKomi-Besucher 2015 / グラフ 2:2015年ドコミ参加者の支出額 Abb. 2: Budget der DoKomi-Besucher 2015 / グラフ 2:2015年ドコミ参加者の支出額
Abb.3: Besucherentwicklung der DoKomi-Convention / グラフ 3:ドコミ参加者数の推移 Abb.3: Besucherentwicklung der DoKomi-Convention / グラフ 3:ドコミ参加者数の推移
Andreas Degen
Mitbegründer der Anime-Convention DoKomi
andreas@dokomi.de
www.dokomi.de/en/
Andreas Degen
Mitbegründer der Anime-Convention DoKomi
andreas@dokomi.de
www.dokomi.de/en/

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